Schmerzengeld für Schock- und Trauerschäden
Anita Maria Stiegler
Schmerzengeld für Schock- und Trauerschäden
Free
Description
Contents
Reviews

The doctoral thesis is a comparing study of the Austrian, German, Swiss, England and French tort law,also contains the Principles of the European Group of tort law and handle four major questions:(1) Who are the close relatives?(2) What is the difference between close relatives and other people who suffer a damage because of theharm of another person?(3) Is it possible that the tortfeasor hold the fault of the victime against the close relatives who suffernervous shock or bereavement?(4) Do the close relatives have a right to claim for damage on their own or is that related to the claimof the victime?

Die vorliegende Arbeit behandelt im Wesentlichen vier Fragen: 1) Was und wer sind die "nahen Angehörigen"? (Begriffsklärung)2) Warum kommt der "Angehörigeneigenschaft" Bedeutung zu? (Grund und Höhe des Schmerzengeldanspruches)3) Müssen sich die "nahen Angehörigen" das Mitverschulden des Erstgeschädigten entgegenhalten lassen?4) Besitzen die "nahen Angehörigen" einen selbstständigen oder einen abhängigen Schmerzengeldanspruch?Der Rechtsvergleich des österreichischen, deutschen, schweizerischen, englischen und französischen Rechts unter Einbeziehung der Grundsätze des europäischen Schadenersatzrechts (PETL) ergab die nachfolgenden Ergebnisse.Ad 1) Die Grundsätze des europäischen Schadenersatzrechts und alle zu untersuchenden Rechtsordnungen bestimmen den Begriff der "nahen Angehörigen" nach der faktischen Nahebeziehung zwischen dem Erst- und Zweitgeschädigten: die formale Familienzugehörigkeit ist nicht entscheidend, sondern eine intensive Gefühlsgemeinschaft (enge Nahebeziehung). Dabei wird auf eine enge familiäre Beziehung abgestellt, wie sie gewöhnlich zwischen Eltern und ihren Kindern sowie zwischen Ehegatten besteht. Deshalb können auch weit entfernt Verwandte oder nicht verwandte Personen zu den "nahen Angehörigen" zählen. Bisher wurde das jedoch selten für Freunde ins Auge gefasst, obwohl auch für sie nichts anderes gelten kann. Denn das Verständnis der "Familie" hat sich insofern gewandelt, als auch faktische Naheverhältnisse zu berücksichtigen sind. Auf dieser Grundlage wird versucht, für den Begriff der "nahen Angehörigen" eine allgemeine Definition zu finden. Diese lautet wie folgt. Es handelt sich um einen eigenständigen Begriff, der einen bestimmten Personenkreis umschreibt. Dieser Personenkreis erleidet einen Schock- oder Trauerschaden aufgrund seiner engen Nahebeziehung zum Erstgeschädigten. Der Begriff "nahe Angehörige" ist von jenem der Familienangehörigen (Verwandten) deutlich abzugrenzen, weil auch zwischen Familienangehörigen nicht immer eine enge Nahebeziehung besteht. Der Begriff "Angehörige" ist also nicht im rechtlichen Sinn zu verstehen, sondern nach den tatsächlichen Lebensverhältnissen. Der Zusatz "nahe" drückt aus, dass nur ein kleiner Personenkreis dafür in Frage kommt. Durch das Abstellen auf die enge Nahebeziehung wird sichergestellt, dass nur jene Personen dazu zählen, die durch die Tötung oder Verletzung des Erstgeschädigten schweres seelisches Leid erfahren. Um das Vorliegen einer engen Nahebeziehung und damit die Existenz und den Umfang eines Schock- oder Trauerschadens nachvollziehbar zu machen, wird diese an objektive Kriterien angeknüpft. Insofern kommt der formalen Familien-Zugehörigkeit, dem Bestehen einer Wohngemeinschaft, dem Vorliegen eines Pflege- oder Betreuungsverhältnisses bzw. dem regelmäßigen Kontakt zwischen dem Erst- und Zweitgeschädigten große Bedeutung zu. Durch die Entwicklung objektiver Kriterien können allfällige Bedenken ausgeräumt werden, die gegen die Überprüfung zwischenmenschlicher Naheverhältnisse, die Schwierigkeiten ihrer Feststellung und in Hinblick auf die Bestimmung der "nahen Angehörigen" geäußert werden.Ad 2) Die "Angehörigeneigenschaft" ist eine Anspruchsvoraussetzung für den Ersatz von Gefühlsschäden Dritter: das ergibt sich in der Schweiz ausdrücklich aus dem Gesetz; in Österreich und Frankreich kann man das den gesetzlichen Grundlagen nicht ausdrücklich entnehmen, diese sind vielmehr von der Rechtsprechung und Lehre so ausgelegt worden; die österreichische Rechtsprechung berücksichtigt die "Angehörigeneigenschaft" bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit, während sie in Frankreich für den Nachweis des Schadens entscheidend ist. Die "Angehörigen-Eigenschaft" ist in Österreich, Frankreich und der Schweiz jedoch nicht die einzige Anspruchsvoraussetzung für den Ersatz von Gefühlsschäden Dritter, so dass auch "nahe Angehörige" nicht immer einen Schmerzengeldanspruch haben. Für den Ersatz von Schockschäden Dritter bildet die "Angehörigeneigenschaft" in den zu untersuchenden Rechtsordnungen zwar keine generelle Anspruchsvoraus-Setzung, sie hat aber großes Gewicht für die Umschreibung des anspruchsberechtigten Personenkreises. Die erforderliche Sonderbeziehung zwischen dem Erst- und Zweitgeschädigten kann nämlich alternativ in der qualifizierten Nähe zum schädigenden Ereignis oder einer engen Nahebeziehung bestehen. Zudem muss ein verständlicher Anlassfall für den Schockschaden vorliegen, wofür die vermittelnden Umstände und die Schwere der Erstverletzung entscheidend sind. Insgesamt kann man feststellen, dass der Zweitgeschädigte eine mehrfach privilegierte Stellung einnimmt, wenn er ein "naher Angehöriger" des Erstgeschädigten ist. So erhält er außer in England auch im Falle der bloßen Nachricht von einem folgenschweren Unfall des Erstgeschädigten Ersatz und es kann sogar das "bloße Beobachten" einer ernstzunehmenden Gefährdung des Erstgeschädigten genügen. Jeder andere Zweitgeschädigte kommt dagegen nur dann für einen Anspruch in Frage, wenn er an einem folgenschweren Unglück beteiligt war und dadurch der Gefahr eigener physischer Schäden ausgesetzt wurde, wodurch auch die Gefahr einer psychischen Schädigung in hohem Maße besteht. Über dieses flexible System wird sichergestellt, dass Schockschäden Dritter nur in besonders schweren Fällen einen Schmerzengeldanspruch rechtfertigen. Da die vorhandenen gesetzlichen Grundlagen für den Ersatz von Schockschäden in den zu untersuchenden Rechtsordnungen sehr allgemein formuliert sind und bloß an das Vorliegen einer Körper- bzw. Gesundheitsverletzung anknüpfen (§823 Abs1 BGB, §1325 ABGB, Art. 47 OR und Art. 1382 CC), ist dieses flexible System erst von der Rechtsprechung und Lehre entwickelt worden. Die Haftung für Schockschäden wird durch das Erfordernis einer Gesundheitsverletzung wesentlich beschränkt. Damit wird zur Genüge sichergestellt, dass leichte Schadensfälle des alltäglichen Lebens selbst zu tragen sind und keinen Schmerzengeldanspruch rechtfertigen. Ein großes Privileg der "nahen Angehörigen" besteht insbesondere darin, dass es mit der fortscheitenden Anerkennung von Gefühlsschäden auch auf die Voraussetzung einer Gesundheitsverletzung nicht mehr notwendigerweise ankommt. Während es im Falle der Tötung des Erstgeschädigten unbestritten ist, dass seine "nahen Angehörigen" eine schwere Persönlichkeitsverletzung (Gefühlsschaden) erleiden, muss das im Falle seines Überlebens erst nachgewiesen werden. Dabei wird in der Schweiz auf eine vergleichbare seelische Belastung wie im Falle der Tötung abgestellt, wofür ein schwerwiegender Eingriff in die Beziehung zwischen dem Erst- und Zweitgeschädigten sowie in das Familienleben an sich vorliegen muss. Sowohl in Frankreich als auch in der Schweiz wird es abgelehnt, allzu starr an einen bestimmten Schweregrad der Erstverletzung anzuknüpfen. Dieser spielt jedoch indirekt für das Bestehen des Schadens bzw. das Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsverletzung eine erhebliche Rolle, so dass auch hier über ein bewegliches System nur in besonders schweren Fällen Ersatz gewährt wird und die leichten Schadensfälle des alltäglichen Lebens selbst zu tragen sind. Der besondere Unrechtsgehalt kann in besonders schweren Fällen zu einer Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises führen. Eine Haftungs-Ausuferung ist dadurch aber nicht zu befürchten, weil dafür mehrere Umstände zusammentreffen müssen und zudem eine Gesundheitsverletzung vorliegen muss. Ansonsten sollte der anspruchsberechtigte Personenkreis jedoch auch bei besonderem Unrechtsgehalt nicht verändert werden: diesbezüglich gelten die bereits dargelegten Ausführungen zum anspruchsberechtigten Personenkreis bei Schock-Schäden Dritter.Ad 3 + 4) Im gemeinen Recht und im Straßenverkehrsrecht trifft man zwar zum Teil auf eine unterschiedliche rechtliche Natur der Schmerzengeldansprüche, das Ergebnis unterscheidet sich aber nicht wesentlich: in allen Fällen gelangt man zur Anrechnung des Mitverschuldens des Erstgeschädigten. Soweit ein abgeleiteter Anspruch vorliegt, stellt die Anrechnung des Mitverschuldens des Erstgeschädigten eine Selbstverständlichkeit dar. Bei selbstständigen Ansprüchen muss hingegen erst eine überzeugende Begründung gefunden werden, um die gleichzeitige Unabhängigkeit und Abhängigkeit des Schmerzengeld-Anspruches "naher Angehöriger" miteinander in Einklang zu bringen. Völlig zutreffend ist auch von einer gemischten Natur der Schmerzengeldansprüche "naher Angehöriger" die Rede. Es handelt sich dabei um selbstständige Ansprüche. Gleichzeitig sind Schock- und Trauerschäden aber durch die Einheit des schädigenden Ereignisses mit dem Erstschaden verbunden. Die intensive Gefühlsgemeinschaft zwischen "nahen Angehörigen" verbietet wechselseitige Schmerzengeldklagen, solange sie die Grundlage dafür bildet. Auf den ersten Blick weisen die von der Rechtsprechung gewählten Begründungen in den zu untersuchenden Rechtsordnungen durchaus Unterschiede auf: während in England, Deutschland und Österreich die "Angehörigeneigenschaft" als Grund und Grenze des Schmerzengeldanspruches im Vordergrund steht, wird in Frankreich die Einheit des schädigenden Ereignisses und in der Schweiz die Würdigung der besonderen Umstände des Falles als Begründung genannt. Der genauere Blick offenbart jedoch, dass auch die zunächst unterschiedlich scheinenden Begründungen nur gemeinsam Sinn machen: so könnte auch der Kassationshof über die Einheit des schädigenden Ereignisses keine Anrechnung vornehmen, wenn er die Solidarhaftung des Schädigers und des Erstgeschädigten (und insbesondere die Sorgfaltspflicht des Erstgeschädigten gegenüber seinen "nahen Angehörigen") nicht grundsätzlich ablehnen würde; auch in der Schweiz ist danach zu fragen, warum der Gesetzgeber eigentlich davon ausgeht, dass ein Schmerzengeld unter der Würdigung der besonderen Umstände zuzusprechen ist. Obwohl letztendlich die gewisse Abhängigkeit des Schmerzengeldanspruches (die Einheit des schädigenden Ereignisses oder auch die besondere Natur des Reflexschadens) und die Würdigung der Umstände des Einzelfalles dazu führen, dass das Mitverschulden des Erstgeschädigten bei der Schmerzengeldbemessung für seine "nahen Angehörigen" zu berücksichtigen ist, hat die Anrechnung des Mitverschuldens des Erst-Geschädigten in allen zu untersuchenden Rechtsordnungen als auch nach den Grundsätzen des europäischen Schadenersatzrechts immer dieselbe Wurzel: nämlich die "Angehörigeneigenschaft" bzw. die familiäre Solidarität zwischen "nahen Angehörigen". Um unerwünschte Ergebnisse und eine Verkomplizierung der Rechtslage zu vermeiden, ist das Mitverschulden des Erstgeschädigten zu berücksichtigen, wenn seine "nahen Angehörigen" ein Schmerzengeld für ihren Schock- oder Trauerschaden geltend machen.

Language
German
ISBN
Unknown
Page 1
Page 2
Page 3
Page 4
Page 5
Page 6
Page 7
Page 8
Page 9
Page 10
Page 11
Page 12
Page 13
Page 14
Page 15
Page 16
Page 17
Page 18
Page 19
Page 20
Page 21
Page 22
Page 23
Page 24
Page 25
Page 26
Page 27
Page 28
Page 29
Page 30
Page 31
Page 32
Page 33
Page 34
Page 35
Page 36
Page 37
Page 38
Page 39
Page 40
Page 41
Page 42
Page 43
Page 44
Page 45
Page 46
Page 47
Page 48
Page 49
Page 50
Page 51
Page 52
Page 53
Page 54
Page 55
Page 56
Page 57
Page 58
Page 59
Page 60
Page 61
Page 62
Page 63
Page 64
Page 65
Page 66
Page 67
Page 68
Page 69
Page 70
Page 71
Page 72
Page 73
Page 74
Page 75
Page 76
Page 77
Page 78
Page 79
Page 80
Page 81
Page 82
Page 83
Page 84
Page 85
Page 86
Page 87
Page 88
Page 89
Page 90
Page 91
Page 92
Page 93
Page 94
Page 95
Page 96
Page 97
Page 98
Page 99
Page 100
Page 101
Page 102
Page 103
Page 104
Page 105
Page 106
Page 107
Page 108
Page 109
Page 110
Page 111
Page 112
Page 113
Page 114
Page 115
Page 116
Page 117
Page 118
Page 119
Page 120
Page 121
Page 122
Page 123
Page 124
Page 125
Page 126
Page 127
Page 128
Page 129
Page 130
Page 131
Page 132
Page 133
Page 134
Page 135
Page 136
Page 137
Page 138
Page 139
Page 140
Page 141
Page 142
Page 143
Page 144
Page 145
Page 146
Page 147
Page 148
Page 149
Page 150
Page 151
Page 152
Page 153
Page 154
Page 155
Page 156
Page 157
Page 158
Page 159
Page 160
Page 161
Page 162
Page 163
Page 164
Page 165
Page 166
Page 167
Page 168
Page 169
Page 170
Page 171
Page 172
Page 173
Page 174
Page 175
Page 176
Page 177
Page 178
Page 179
Page 180
Page 181
Page 182
Page 183
Page 184
Page 185
Page 186
Page 187
Page 188
Page 189
Page 190
Page 191
Page 192
Page 193
Page 194
Page 195
Page 196
Page 197
Page 198
Page 199
Page 200
Page 201
Page 202
Page 203
Page 204
Page 205
Page 206
Page 207
Page 208
Page 209
Page 210
Page 211
Page 212
Page 213
Page 214
Page 215
Page 216
Page 217
Page 218
Page 219
Page 220
Page 221
Page 222
Page 223
Page 224
Page 225
Page 226
Page 227
Page 228
Page 229
Page 230
Page 231
Page 232
Page 233
Page 234
Page 235
Page 236
Page 237
Page 238
Page 239
Page 240
Page 241
Page 242
Page 243
Page 244
Page 245
Page 246
Page 247
Page 248
Page 249
Page 250
Page 251
Page 252
Page 253
Page 254
Page 255
Page 256
Page 257
Page 258
Page 259
Page 260
Page 261
Page 262
The book hasn't received reviews yet.