Rodin-Lektüren
Dominik Brabant
Rodin-Lektüren
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Die Modernität der Bildhauerkunst Auguste Rodins wurde immer wieder als Zusammentreffen von Gegensätzen beschrieben: Die neuartige Darstellung des menschlichen Körpers als lebendiger Organismus begegnet dem kalkulierten Einsatz des Fragments; der gesteigerte Kult um die bildhauerische Originalität steht im Kontrast zur Reproduktibilität zahlreicher Plastiken. Doch wie sind diese Schauplätze der Debatte um Rodins Modernität entstanden? Wie wurde das Werk des französischen Bildhauers zur ikonischen ›Verkörperung‹ der Moderne?

Diese Studie verfolgt am Beispiel einiger exemplarischer Schlüsselmomente die Herausbildung eines vielstimmigen Diskurses, an dem Kunstkritiker wie Gustave Geffroy, Schriftsteller wie Rainer Maria Rilke, Philosophen wie Georg Simmel und Günther Anders sowie Kunsthistoriker wie Leo Steinberg und Rosalind Krauss mitgeschrieben haben. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen dabei die Argumentationsweisen, die theoretischen Einsätze und die methodischen Vorgehensweisen der Autoren: Deren höchst divergente Zugänge zu dem Bildhauer und seinem Werk erstrecken sich von der Kunstkritik des Naturalismus und des Symbolismus über die Lebensphilosophie, die Soziologie um 1900, die philosophische Kulturkritik und die konservative Nachkriegskunstgeschichte bis zur amerikanischen Moderne- und Postmodernedebatte. In den Diskussionen um Rodin, in der jede neue Lektüre frühere Deutungen aufgreift, neu perspektiviert und dadurch umschreibt, begegnet der Leser einem dichten Netzwerk an Entwürfen einer Moderne auf der Suche nach sich selbst. Dabei zeigt sich, dass die polaren Gegensätze seines Schaffens – Lebendigkeit und Materialität, Original und Kopie, Präsenz und Repräsentation – seit den Anfängen der Diskussionen in den 1870er-Jahren eng verflochten waren, als Momente einer immer schon ambivalenten Moderne.

Lesen Sie hier die detaillierte English Summary: http://bit.ly/2xZHwpW

Dominik Brabant studierte Kunstgeschichte, Anglistik und Psychologie sowie im Master-Studienprogramm »Aisthesis. Historische Kunst- und Literaturdiskurse« in München, Paris und Eichstätt. Er war Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes und des Deutschen Forums für Kunstgeschichte. Seit 2011 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Universität Eichstätt-Ingolstadt, seit 2013 akademischer Rat auf Zeit ebenda.

Language
German
ISBN
Unknown
Cover
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Inhalt
Vorwort
English Summary
I. Einleitung: Rodin und die Ambivalenzen des Modernediskurses
2. Einfühlung und Diagnose: Einschätzungen zur Plastik Das Eherne Zeitalter
2.1 Virtuosität und (Ent-)Täuschung
2.2 Deutungskollaps und Kompensationsstrategien
2.3 Lebendige Epidermis und totes Material
3. Ordnen, Rahmen, Überschreiben: Zur jüngeren Rodin-Forschung und zur methodischen Verortung
3.1 Am Grund des Menschlichen?
3.2 (An-)Ordnungen der Moderne
3.3 Kontingenzerfahrungen und Rezeptionsgeschichten
4. Figurenkunst und Künstlerfigur: Schreiben über das Höllentor vom Naturalismus zum Symbolismus
4.1 Zuversichtliche Zukunftsvisionen
4.1.1 Lebendigkeit und Metamorphose: Félicien Champsaur und Edmond de Goncourt
4.1.2 Traditionsabbau und Selbstschöpfung: Gustave Geffroy und Octave Mirbeau
4.2 Szenarien des Aufschubs
4.2.1 Mehrdeutigkeit und Ent-Ortung: Léon Maillard
4.2.2 Palimpseste und Zeitdehnungen: Camille Mauclair und Anatole France
4.2.3 Schmerzens-Figuren/Begehrens-Figuren: Stuart Merrill und Arthur Symons
4.3 Dinge und Worte, Bilder und Texte
5. Lebensströme und Bewegtheit: Überbietungen der Rodin-Debatte in der deutschsprachigen Rezepion
5.1 Das Ringen um Metaphern
5.2 Eine »andere Historie« der Menschheit: Rainer Maria Rilkes Monografie zu Rodin
5.2.1 Jenseits von Moderne und Antimoderne?
5.2.2 Lebenspathos und Todesbewusstsein
5.2.3 Körpersprache und Selbstausdruck
5.3 Das »Souveränwerden des Bewegungsmotivs«: Georg Simmels Rodin-Interpretationen
5.3.1 Von der »Beseelung« zur »Bewegtheit«
5.3.2 Selbstüberschreitungen I: Simmel und Nietzsche
5.3.3 Selbstüberschreitungen II: Vom »Bewegungsmotiv« zur »kosmischen Dynamik«
5.3.4 »Die Bewegtheit, das Fortschreiten selbst«: Simmel und Bergson
5.3.5 Nach dem Menschen? Simmels Grenzerkundungen
6. Verlust und Wiederbelebung: Modernekritische Verortungen Rodins in der deutschsprachigen Kunstg
6.1 Kunstgeschichte nach dem Krieg
6.2 Ortlose Figuren und technisierte Lebenswelten: Günther Anders’ Essay Homeless Sculpture
6.2.1 Entfremdete Dinge? Anders und Rilke
6.2.2 Verlust und Substitut
6.2.3 Vergessensprozesse: Anders und Husserl
6.3 Interpretation als Heilung? Josef A. Schmoll gen. Eisenwerths Deutungen des Torso-Motivs
6.3.1 Kunstgeschichte der Körper und der Körper der Kunstgeschichte
6.3.2 »Genesis« des Torsos
6.3.3 Fragmentierte Körper - wiederhergestellte Ganzheit
6.3.4 Symbol und Symbolismus
7. Auf dem Weg in die Postmoderne: US-amerikanische Deutungen nach 1960
7.1 Eine Purifizierung der Moderne? Clement Greenberg
7.2 Eine andere Moderne: Leo Steinbergs Essay Rodin
7.2.1 »To begin with the space he creates«
7.2.2 Wiederholen und Aufpropfen
7.3 Die Chimäre der Selbstheit: Rosalind Krauss’ Anti-Hermeneutik der modernen Skulptur (1977/198
7.3.1 Gegen den alten wie den neuen Laokoon
7.3.2 Unlesbarkeit und Opazität
7.3.3 »A manifest intelligibility of surfaces«
7.3.4 Originalität oder/und Reproduktibilität
7.4 Modernität oder Anachronizität? Hypothek einer Debatte
8. Schlussbetrachtungen
Abbildungsnachweise
Literaturverzeichnis
Personenregister
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